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Aufstieg des Rechtspopulismus – Auch eine Frage der Sprache

Foto: Adobe Stock 1048705356/chayantorn

Die neue Rechte benutzt Sprache sehr bewusst als zentrales Mittel zur Veränderung bestehender Machtverhältnisse. Zum einen setzt sie Schlagwörter zur Vereinfachung ihrer Ideologie ein. Zum anderen werden Begriffe gezielt umgedeutet.  Hierbei schwankt die rechtspopulistische Sprache zwischen Extremen. Auf der einen Seite ist sie ein ständiger Tabubruch: provokant, beleidigend, brachial. Doch genauso oft ist sie unauffällig; nicht offen rassistisch und nicht offen antidemokratisch. Und genau dieses Spannungsfeld macht sie so gefährlich.

Verschiebung der Grenzen des Sagbaren

Eines der wichtigsten Kommunikationsschemata der AfD und auch anderer populistischer Parteien ist die gezielte Provokation. Dies sind einerseits drastische Formulierungen wie bestimmte Politiker*innen müsse man „in Anatolien entsorgen“ oder der Ausdruck „linksversifft“. Mit diesem Wort versifft wird zumindest unterschwellig auf die Geschlechtskrankheit Syphillis angespielt. Krankheits- oder auch Tiermetaphern im politischen Diskurs dienen der Abwertung des politischen Gegners, in ihren extremen Formen gar seiner Dehumanisierung. Außerdem werden häufig Wörter verwendet, die in der nationalsozialistischen Propaganda Konjunktur hatten, wie Umvolkung oder  Ausdrücke wie „Lügenpresse“ und „Meinungsdiktatur“, die durch die Pegida-Demonstrationen in die politische Auseinandersetzung zurückgekehrt sind.

Neben der offenen Provokation gibt es aber auch neue rechte Begriffsschöpfungen, mit denen die Nähe zum Nationalsozialismus verschleiert wird. Hierzu gehören Begriffe wie „Remigration“ oder „Heimatschutz“.

Die Gesellschaft soll sich durch ständige Wiederholungen dieser drastischen Formulierungen, durch die Ausdrücke aus dem Nationalsozialismus oder der neugeschaffenen Worte an diese Sprache gewöhnen und die Grenzen des Sagbaren nach rechts verschoben werden.

Polarisierung des öffentlichen Diskurses

Ein weiterer Kern der rechtspopulistischen Sprache ist das Bilden von Fronten. Man spricht von den Eliten, die sich gegenüber dem Volk abgrenzen; den Medien, die die AfD durch fehlende Berichterstattung ausgrenzen; den Politiker, die gegen die Interessen der Bürger arbeiten. So typisch in einer Rede des Fraktionsvorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion Alexander Gauland: Der „Bevölkerungsaustausch“ solle „unumkehrbar“ gemacht werden. „Wir sollen als Volk und als Nation allmählich absterben.“ In ähnliche Richtung gehen die Aussagen im aktuellen Grundsatzprogramm der AfD von einem »heimlichen Souverän« – einer verschworenen Elite, die sich selbst bereichere, mittels eines Kartells ihre Macht sichere und durch Informationskontrolle die Menschen in Deutschland beherrsche.

Verunsicherung der Bevölkerung

Die Kommunikation der AfD zielt darauf ab, die Verunsicherung in der Bevölkerung zu schüren und in Wut und Ablehnung des demokratischen Systems und dessen Repräsentanten zu verwandeln. Diese Kommunikationsstrategie wurde und wird vor allem bei allen Großkrisen der vergangenen Jahre – Corona, Inflation, steigende Energiepreise, Ukrainekrieg – angewendet.

Hierbei wird auch mit einer Rhetorik der Angst gearbeitet. Es werden Szenarien aufgezeigt, in denen „das Volk“ bedroht wird. Da ist die Rede von „Masseneinwanderungen“, „ausländischen jungen Männern, die eine Gefahr für deutsche Mädchen sind“, „Deutschen, die die Migranten mit durchfüttern müssen“.

Strategien gegen Rechtspopulismus

Erfahrungen zeigen, dass Empörung allein gegen die andauernden Provokationen der AfD nicht hilft. Natürlich ist es empörend, wenn AfD-Politiker offen nationalsozialistisches Vokabular verwenden. Aber Empörung und Moralisierung wird von der AfD bereits als Reaktion eingeplant und dient dazu, den Opferdiskurs zu stärken und die Existenz einer »Diktatur der politischen Korrektheit« zu behaupten.  Bei dem Versuch Behauptungen als falsch zu widerlegen wiederholen und propagieren wir sie in den Köpfen der Menschen – ob wir wollen oder nicht. Das Negieren von Ideen stärkt sie.

Daher sollten wir Demokrat*innen nicht auf jede sprachliche Provokation der AfD eingehen und sie damit verbreiten.

Das heißt aber nicht, dass wir rechtspopulistische Äußerungen generell unkommentiert lassen sollten. An einem demokratischen, nicht-populistischen Diskurs ist unbedingt festzuhalten. Nachfragen, Einfordern von Lösungen, Aufzeigen von Konsequenzen, die aus rechtspopulistischen Positionen folgen, und das Zeigen der eigenen Haltung ist das Gebot der Stunde.

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Autor*in

Dr. Katja Rodi (65) ist Juristin. Sie hat an den Universitäten Göttingen und München studiert und in München als Anwältin begonnen zu arbeiten. 1993 begannen ihre Tätigkeiten an der Uni, zunächst als wissenschaftliche Mitarbeiterin in Rostock, wo sie sich promovierte. Von 1998-2024 hat sie an der Universität Greifswald gelehrt (Öffentliches und Umweltrecht) und die Nebenfachausbildung der Rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät betreut. Fast während der gesamten Zeit in Greifswald war sie Gleichstellungsbeauftragte der Fakultät. Viele Jahre war sie im Vorstand des Deutschen Juristinnenbundes und hat dort die Kommission Öffentliches, Völker- und Europarecht geleitet. Seit 2024 ist sie in der Bremer SPD aktiv. In ihrer Freizeit treibt sie viel Sport, vor allem Radfahren und Reiten, und kümmert sich um ihre Enkelkinder.

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