Wirtschaft und Arbeit

Das geplante Wachstumschancengesetz: Impulse für die Wirtschaft – aber bitte mit fairer Kostenverteilung

Container Shipping Terminal In Bremerhaven

Die Konjunktur in Deutschland schwächelt – für unsere sonst so starke Wirtschaft ist das eine ungewohnte Situation. Die Gründe dafür sind vielfältig: Die Pandemie, die hohen Energiepreise, der Krieg, gestörte Lieferketten, der Baustoffmangel, die Inflation und steigenden Zinsen. Kein Punkt alleine würde unsere Wirtschaft treffen, aber alle auf einmal führen dazu, dass unsere Konjunkturdaten aktuell leider nicht ganz so gut aussehen.

Hilfe für die Wirtschaft ist nötig, keine Frage

Unsere Wirtschaft braucht deshalb Unterstützung, das ist überhaupt keine Frage. Das finde auch ich richtig, zumal wir in der Pandemie und in der Energiepreiskrise mit gezielter Hilfe gute Erfahrungen gemacht haben. In beiden Krisen hat die Bundesregierung schnell und entschlossen gehandelt und Milliarden zur Verfügung gestellt – und hatte dabei stets die volle Unterstützung aus Bremen. Wir haben unseren fairen Anteil übernommen, auch wenn das noch viele Jahre lang Löcher in den Haushalt reißen wird und uns Jahr für Jahr zig Millionen Euro fehlen werden.

Gezielte Förderung besser als die Gießkanne

Was wir brauchen, ist die gezielte Förderung von Forschung und Entwicklung, nicht eine Steuersenkung, die über alle Betriebe mit der Gießkanne ausgeschüttet wird. Wir brauchen mehr Digitalisierung, wie der Kanzler es in seinem Deutschland-Pakt fordert. Und wir brauchen einen Brückenstrompreis als Hilfe für bestimmte Industriebereiche, um die Transformation hin zu einer klimaneutralen Produktion zu erleichtern. So lange, bis grüner Strom und grüner Wasserstoff zu konkurrenzfähigen Preisen vorhanden sind.

Finanzminister hat Kurs der fairen Lastenteilung verlassen

Wenn die Bundesregierung das anders sieht – meinetwegen. Aber dann muss sie auch die Zeche zumindest zum größten Teil selber zahlen. Der Bundesfinanzminister verfolgt mit dem Wachstumschancengesetz allerdings genau das Gegenteil: Der Bund bestimmt das Gesetz – und die Länder und Gemeinden sollen den größten Teil der Kosten übernehmen. Bremen würde das in den kommenden vier Jahren rund 200 Millionen Euro kosten.

Was muss sich ändern?

Bremen wird dem Gesetz so deshalb nicht zustimmen und auf Änderungen drängen:

  • Wir wollen eine gezielte Förderung dort, wo sie notwendig ist. Nur so ist das Geld sinnvoll investiert und hilft den Unternehmen, die auch wirklich auf Hilfe angewiesen sind. Die Erfahrung der Vergangenheit lehrt: Förderungen mit der Gießkanne kosten viel Geld und sind wenig effektiv.
  • Die Vergangenheit lehrt: Steuersenkungen finanzieren sich – anders als oftmals behauptet – nicht selbst. Es ist ein Mythos, dass sie mehr Wachstum erzeugen und so das Geld wieder in die Kasse bringen. Auch das spricht für eine gezielte Förderung.
  • Wenn der Bund aber an dem Gesetz festhalten will, dann muss er auch den größten Teil der Kosten übernehmen. Derzeit verhält sich der Bund wie ein Kneipengänger, der erst eine Lokalrunde schmeißt und dann seinem Nachbarn in die Tasche greift, um die Zeche zu bezahlen. Damit darf der Bund nicht durchkommen.

Zustimmung widerspricht bremischen Interessen

Wenn das Wachstumschancengesetz so wie vom Bund vorgelegt beschlossen würde, hätte Bremen in den nächsten vier Jahren nicht nur ein dickes Loch im Haushalt und dieses Geld würde fehlen, um neue Polizeikräfte und um zusätzliche Erzieher und Erzieherinnen einzustellen, um Schulen und Kitas zu bauen, um Radwege und Straßen zu sanieren. Das Geld würde damit auch in unseren beiden Städten fehlen. Das wäre schlecht für Bremen, das wäre schlecht für Bremerhaven, das ginge gegen unsere Interessen.

Foto: Adobe Stock 551528568 / enjoy_life

Autor*in

Andreas Bovenschulte ist seit August 2019 unser Bremer Bürgermeister und Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen. Im Juni zuvor war er zum Fraktionsvorsitzenden der SPD-Bürgerschaftsfraktion gewählt worden. Von 2014 bis 2019 war er Bürgermeister in Weyhe. Andreas Bovenschulte ist seit 1984 Mitglied der SPD und seit über 30 Jahren Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Von Juni 2010 bis Dezember 2013 war er Vorsitzender der SPD LAND BREMEN. Für uns schreibt er hier vor allem zu den Themen Wirtschaft und gute Arbeit.

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