Wirtschaft und Arbeit

Klimaneutraler Stahl – nur mit europäischem Schutz!

Stahlwerk Bremen

Das Bremer Stahlwerk ist für die Hälfte des CO2-Ausstoßes im Bundesland verantwortlich – der Handlungsbedarf für den Klimaschutz ist offensichtlich. Eine Umstellung auf eine klimaneutrale Stahlproduktion ist aber teuer und kann die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Hütte beeinträchtigen. Gefährdet die Umrüstung also möglicherweise den europäischen Industriestandort? Nein – nicht, wenn wir es richtig angehen!

Bremen hat ein Herz aus Stahl

Wenn wir über den Industriestandort Bremen sprechen, kommen wir nicht am Stahlwerk vorbei. Das Werk hat heute eine Kapazität von jährlich rund 4 Millionen Tonnen Stahl und beschäftigt mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Für viele Bremer, gerade im Nordwesten der Stadt, ist das Stahlwerk seit Generationen ein wichtiger Bezugspunkt und Arbeitgeber. Wegen der logistisch wichtigen Lage an der Unterweser bürgerte sich im Laufe der Zeit der Spitzname „Unsere Hütte am Meer“ ein.

Stahl muss klimafreundlich produziert werden

Die Stahlproduktion hat aber auch eine Schattenseite, über die wir lange Zeit hinweggesehen haben: Allein die Bremer Hütte hat einen CO2-Ausstoß, der mit Fußabdruck nicht richtig beschrieben wäre. Ich finde, Krater trifft es deutlich besser! 4.157 Millionen Tonnen CO2 stieß das Stahlwerk 2017 aus. Diese Emissionen müssen dringend sinken, denn gerade uns in Bremen ist die akute Gefahr durch den Klimawandel bewusst: Gelingt es uns nicht ihn zu stoppen, so haben wir bald eine Stadt und eine Hütte im Meer statt an der Weser. 

Einen Umbau der Industrie gibt es nicht für umsonst

Die Technik für klimaneutrale Stahlproduktion ist da, aber eine Umrüstung kostet. Insgesamt rechnet man im Bremer Werk mit einem nötigen Investitionsvolumen von rund einer Milliarde Euro. Die Lage in anderen CO2-intensiven Branchen ist vergleichbar, etwa bei der Verhüttung von Aluminium oder in der Chemie. Diese großen Investitionen wird die Privatwirtschaft nicht alleine stemmen können. In diesem Sinne finde ich es gut, dass sich das Land Bremen mit 10 Millionen Euro an einer neuen Anlage für grünen Wasserstoff beim Bremer Stahlwerk beteiligen wird, aber weitere Unterstützung vom Bund muss folgen.

Wir brauchen konkrete Maßnahmen

Dabei sind nicht nur die Umstellungsprozesse teuer. Die alternativen Produktionsverfahren werden auch im Betrieb Mehrkosten verursachen. Dazu kommt aktuell noch die CO2-Bepreisung, auf dem Weltmarkt zählt jeder Cent! Denn was nützt es, wenn niemand den ‚grünen‘ Stahl kauft und weiter dreckiger Billigstahl importiert wird?

1. Maßnahme: Eine Grenzabgabe für dreckige Industrieprodukte

Um das zu verhindern, braucht die europäische Stahlindustrie Schutz. Bisher wird dies über Ermäßigungen energieintensiver Industrien beim Emissionshandel gewährleistet. Wir sozialdemokratischen Abgeordneten im EU-Parlament fordern darüber hinaus einen CO2-Grenzausgleich. Das heißt, über Abgaben auf Stahlimporte in die EU soll sichergestellt werden, dass ausländischer Stahl mit den gleichen CO2-Kosten belastet wird wie europäischer. Wenn das funktioniert, besteht auch die Möglichkeit, Stahl Schritt für Schritt vollständig in den Emissionshandel einzubeziehen. In diesem Sinne werde ich auf den Vorschlag der Kommission für einen solchen CO2-Grenzausgleich Einfluss nehmen. 

2. Maßnahme: Modernes Beihilferecht für nationale Unterstützung

Neben flankierenden Schutzmaßnahmen für den Umbau der Wirtschaft brauchen wir aber auch direkte Hilfen für die Unternehmen. Damit staatliche Unterstützungen aber auch zukünftig rechtlich sicher gewährt werden können, brauchen wir eine Modernisierung des Beihilferechts der Europäischen Union. Ich möchte, dass die Mitgliedstaaten unkompliziert die Transformation der Wirtschaft unterstützen können. 

Die Marschrichtung ist klar!

Wir müssen unsere Industrie für die Zukunft klimaneutral aufstellen. Dabei ist niemandem geholfen, wenn sich Produktionskapazitäten nur ins Ausland verlagern, wo unter klimaschädlichen Bedingungen günstiger produziert wird!  Dann hätten alle verloren: das Klima, der Industriestandort und die Beschäftigten. Wollen wir unsere Industrie hingegen sozialverträglich umstellen, dann geht das nicht ohne Schutzmaßnahmen und finanzielle Unterstützung.

Foto: AdobeStock / 123672363

Autor*in

Dr. Joachim Schuster ist Mitglied der SPD und seit 2014 Europaabgeordneter für Bremen und Bremerhaven. Im Parlament arbeitet er im Handels-, im Wirtschafts- und im Verteidigungsausschuss mit. Außerdem ist er wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der SPD-Abgeordneten. Drei Themen prägen Joachim Schusters Arbeit: Sozialer Umbau für eine klimaneutrale Wirtschaft, faire Handelspolitik und internationale Friedenspolitik. Vor seiner Wahl ins Europäische Parlament arbeitete der promovierte Politikwissenschaftler in verschiedenen Forschungsprojekten, als Abgeordneter der Bremischen Bürgerschaft und Staatsrat in Bremen. Auf Vorschlag der Gewerkschaft IG Metall ist Joachim Schuster außerdem Mitglied der Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat der Bremer Stahlwerke.

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