Wirtschaft und Arbeit

Mindestlohn ist Menschenwürde

Anstieg Mindestlohn Spd Bremen

Wenn der Mindestlohn zum 1. Oktober dieses Jahres auf 12 Euro erhöht wird, dann ist das nicht nur gut für die Haushaltskasse der Beschäftigten. Dann ist das auch eine Frage der Menschenwürde. Denn Dumpinglöhne sind mit dem Menschen- und Gesellschaftsbild unseres Grundgesetzes nicht zu vereinbaren. Auch in unserer Landesverfassung heißt es klar und eindeutig: „Der Staat hat die Pflicht (…) jedermann einen gerechten Anteil an dem wirtschaftlichen Ertrag aller Arbeit zu sichern und ihn vor Ausbeutung zu schützen.“

Bremen war Vorreiter beim Mindestlohn

Das Land Bremen war deshalb stets ein Vorreiter im Bemühen um eine faire Entlohnung. Bereits vor zehn Jahren haben wir als erstes Bundesland einen Landesmindestlohn eingeführt. Später zog der Bund auf Betreiben der SPD nach und beschloss einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn für ganz Deutschland. Dieser lag anfangs bei 8,50 Euro pro Stunde.

Versprochen, gehalten: 12 Euro Mindestlohn kommt

Im vergangenen Jahr sind die SPD und Olaf Scholz im Bundestagswahlkampf mit dem Versprechen angetreten, den Mindestlohn im Falle eines Wahlsieges auf 12 Euro zu erhöhen. Den Landesmindestlohn hatte der Bremer Senat bereits im Frühjahr 2022 auf 12 Euro angehoben. Versprochen, gehalten also nun auch bundesweit: Der 12-Euro-Mindeslohn kommt, die Ampelkoalition löst das Wahlversprechen der SPD ein. Davon profitieren bundesweit rund sechs Millionen Beschäftigte – insbesondere Frauen. Wer Vollzeit für Mindestlohn arbeitet verdiente vor der Erhöhung etwa 1.700 Euro brutto im Monat, nach der Erhöhung sind es knapp 2.100 Euro. Das sind fast 400 Euro brutto mehr – jeden Monat.

60.000 Menschen in Bremen und Bremerhaven profitieren

Im Land Bremen ist der Anteil der Beschäftigten, die von der Erhöhung des Mindestlohns profitieren, besonders hoch. Knapp 50.000 in Bremen und knapp 10.000 in Bremerhaven haben ab sofort mehr Geld in der Tasche. Die Beschäftigten arbeiten im Einzelhandel, in Arztpraxen oder in der Gastronomie. Es sind also genau die Frauen und Männer, die den Laden in den vergangenen Jahren während der Pandemie am Laufen gehalten haben. Und es sind genau diejenigen, die derzeit unter den explodierenden Energiepreisen besonders leiden. Deshalb kommt die Erhöhung keinen Tag zu früh. Und sie unterstützt genau die, die es dringend brauchen.

Mindestlohn auch volkswirtschaftlich sinnvoll

Die Einführung des bundesweiten Mindestlohns hat, anders als von seinen Gegnern immer wieder behauptet, nachweislich keine negativen Folgen für den Arbeitsmarkt oder das Preisniveau gehabt. Und auch die aktuelle Erhöhung des Mindestlohns ist ökonomisch sinnvoll, denn sie stärkt in schwierigen Zeiten die Kaufkraft und stabilisiert damit die volkswirtschaftliche Entwicklung. Angesichts einer Inflation auf Rekordniveau dürfte sich sogar schneller als erwartet die Notwendigkeit einer weiteren Erhöhung stellen.

Vom Nachzügler zum Vorreiter in Europa

Im Vergleich mit anderen westeuropäischen EU-Ländern war Deutschland lange Zeit Schlusslicht bei der Mindestlohnentwicklung. Mit der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro schließen wir jetzt zur Spitzengruppe auf. Deutschland ist beim Mindestlohn vom Nachzügler endlich zu einem Vorreiter geworden. Darauf können wir durchaus ein bisschen stolz sein.

Gute Arbeit verdient gute Bezahlung

Natürlich wäre es besser, wir bräuchten den gesetzlichen Mindestlohn gar nicht, weil alle Beschäftigten einen guten Tariflohn, ausgehandelt auf Augenhöhe zwischen Arbeitgebern und starken Gewerkschaften, erhalten. Aber Tariflohn, den gibt es in vielen kleinen und mittleren Unternehmen nicht mehr. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Tarifbeschäftigten leider kontinuierlich gesunken, auch in Bremen.

Deshalb wollen wir das Tarifsystem gezielt stabilisieren: Vor einigen Tagen hat der Senat eine Änderung des Tariftreue- und Vergabegesetzes beschlossen. Künftig sollen alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Land Bremen an der Ausführung eines öffentlichen Bauauftrages mitwirken oder im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags tätig werden, tariflich bezahlt werden müssen.

Autor*in

Andreas Bovenschulte ist seit August 2019 unser Bremer Bürgermeister und Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen. Im Juni zuvor war er zum Fraktionsvorsitzenden der SPD-Bürgerschaftsfraktion gewählt worden. Von 2014 bis 2019 war er Bürgermeister in Weyhe. Andreas Bovenschulte ist seit 1984 Mitglied der SPD und seit über 30 Jahren Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Von Juni 2010 bis Dezember 2013 war er Vorsitzender der SPD LAND BREMEN. Für uns schreibt er hier vor allem zu den Themen Wirtschaft und gute Arbeit.

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