Allgemein

Fortschritt bei der Lohnlücke oder nur Schaltjahr?

Annika Barlach, Spitzenkandidatin der Bremer SPD zur Europawahl, Foto: SPD Land Bremen/Focke Strangmann

Am 6. März ist wieder „Equal Pay Day“. Also der Tag, bis zu dem Frauen in Deutschland statistisch gesehen jährlich „umsonst“ gearbeitet haben. Im Vergleich zu vorherigen Jahren einen Tag früher. Nicht etwa, weil der Abstand zwischen den durchschnittlichen Löhnen von Männern und Frauen kleiner geworden wäre, sondern schlicht wegen des Schaltjahres. Im Land Bremen liegt die (unbereinigte) Lohnlücke 2023 mit 19 % zwar nur knapp über dem Bundesschnitt (18 %), aber wir müssen deutlich besser werden, denn in Berlin liegt der Abstand nur bei rund 11 %. 

Warum die Lohnlücke im Land Bremen größer ist

Allgemein gilt: Viele Berufe, in denen überwiegend Frauen tätig sind, werden schlechter bezahlt als Berufe, die überwiegend von Männern ausgeübt werden. Deutschlandweit erhalten beispielsweise Erzieher*innen einen 40 % geringeren Stundenlohn im Vergleich zu Mitarbeiter*innen im Bereich Technische Forschung und Entwicklung. Frauen machen im Erziehungsbereich mehr als 80 % der Erwerbstätigen aus, wohingegen im Bereich Technische Forschung und Entwicklung der Frauenanteil nur bei deutlich unter 20 % liegt.

Im Bundesland Bremen gibt es viele gut bezahlte Industriejobs, in denen der Frauenanteil jedoch gering ist. Zudem wird Teilzeitarbeit schlechter bezahlt als Vollzeit, im Schnitt mit 44 Cent weniger die Stunde und im Land Bremen arbeiten mehr als die Hälfte der Frauen in Teilzeit. Führungskräfte verdienen besser, und sind häufig männlich. Im Land Bremen ist nur knapp jede fünfte Führungsposition durch eine Frau besetzt (19,3 %). Im Bundesschnitt lag der Frauenanteil wenigstens bei 23,9 %.

Die Lohnlücke, auch eine europäische Schwachstelle

Nicht nur in Deutschland verdienen Frauen durchschnittlich weniger. In der EU lag die Lohnlücke im Jahr 2021 bei 13 %. Deutschland hinkt im europäischen Vergleich hinterher und belegt kontinuierlich einen der hinteren Plätze. Die strukturellen Probleme sind überall gleich: Schlecht bezahlte Branchen mit hohem Frauenanteil, gut bezahlte Branchen mit niedrigem Frauenanteil, Teilzeitarbeit, weniger weibliche Führungskräfte und Diskriminierung. Für einen der stärksten Wirtschaftsräume der Welt halte ich persönlich das für einen unhaltbaren Zustand.

Um die Lohnlücke langfristig zu schließen, müssen wir verschiedene strukturelle und gesellschaftliche Probleme lösen: Wir müssen Arbeit mit Menschen nicht nur sozial wertschätzen („Toll, dass du das machst!“), sondern endlich auch angemessen bezahlen. Wir müssen Menschen bei der Berufsorientierung unterstützen und dafür sorgen, dass sie sich ihren Interessen und Talenten entsprechend UND ohne Geschlechterklischees im Kopf – für eine Ausbildung oder ein Studium entscheiden. Wir müssen die Erwerbstätigkeit von Frauen fördern, indem wir weiter die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben verbessern. Das bedeutet auch, dass Haus- und Sorgearbeit gerechter zwischen Männern und Frauen aufgeteilt werden muss. Und Führungspositionen müssen flexibler gestaltet werden, zum Beispiel durch geteilte Führung und Führung in Teilzeit.

Was tut die SPD für Lohngleichheit?

Im Jahr 2022 hat das Land Bremen unter SPD-Führung eine Entgeltgleichheitsstrategie beschlossen, die nun konsequent umgesetzt werden muss. Dort werden konkrete Maßnahmen benannt, um für den öffentlichen Dienst und öffentliche Unternehmen Strukturen zu schaffen und die Privatwirtschaft zu beraten und zu unterstützen. Auf Bundesebene gibt es verschiedene Gesetze, um die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu unterstützen (z. B. Pflegezeit, Elterngeld). Zudem gibt das von Manuela Schwesig durchgesetzte Entgelttransparenzgesetz seit 2018 Beschäftigten ein Auskunftsrecht, denn häufig ist Betroffenen gar nicht klar, dass sie schlechter bezahlt werden als ihre Kollegen.

Auch im Europaparlament kämpften Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten lange für die Führungspositionen- und die Entgelttransparenzrichtlinie, die die aktuelle deutsche Rechtslage weiter verbessern werden. Bis 2026 muss der Bund die Entgelttransparenzrichtlinie der EU umsetzen, die die Rechte von Beschäftigten weiter stärken und Lohngleichheit fördern wird. Beschäftigte können vor Stellenantritt beispielsweise den durchschnittlichen Lohn (aufgeschlüsselt nach Geschlecht und Alter) erfragen, damit sie ihr eigenes Gehalt informierter verhandeln können. Unternehmen müssen zukünftig das Lohngefälle ihrer Beschäftigten erfassen. Wenn die Lohnlücke größer als 5 % ist und nicht durch objektive und geschlechtsneutrale Kriterien begründet werden kann, muss der Betrieb aktiv Maßnahmen ergreifen, um das Lohngefälle zu beheben. Auch die oben erwähnten Leistungen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben stellen die Umsetzung der europäischen Vereinbarkeitsrichtlinie dar, eine Umsetzung der Partnerfreistellung bei Geburt eines Kindes steht noch aus.

Wir brauchen die EU weiterhin als Motor für die Gleichstellung!

Ich bin davon überzeugt, dass wir die EU weiterhin als Motor für die Gleichstellung in Europa und Deutschland benötigen. Die oben erwähnten Richtlinien und Gesetze stellen Meilensteine dar, die jedoch noch konsequent umgesetzt und begleitet werden müssen. Sie fragen sich vielleicht: „Warum brauche ich die europäische Ebene, die Politik in Deutschland könnte die Gesetze doch auch so beschließen?“

Durch die EU-weiten Vorgaben für die Privatwirtschaft und Regierungen entsteht eine Dynamik, die für alle gleichermaßen gilt. So lassen sich Strukturen nachhaltig verändern, da keine einseitigen Nachteile für einzelne Staaten wie Deutschland entstehen. Zudem zeigt uns der europäische Vergleich, dass einige Mitgliedstaaten schon weiter sind. Deswegen plädiere ich dafür: Lasst uns voneinander lernen und gemeinsam eine gerechtere Gesellschaft gestalten.

Foto: SPD Land Bremen/Focke Strangmann

Quellen:

BMFSFJ – Bundesregierung stimmt der EU-Führungspositionen-Richtlinie zu

BMFSFJ – Lohngerechtigkeit

Landesstrategie Gendergerechtigkeit und Entgeltgleichheit – Wirtschaftsstandort Bremen (bremen-innovativ.de)

EU-Vergleich: Gender Pay Gap 2020 – Statistisches Bundesamt (destatis.de)

BMFSFJ – Starkes Signal für die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern in Europa

Equal Pay Day

Gender Pay Gap | Arbeitnehmerkammer Bremen

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